Interview mit Stephan Paxmann – dem Mann hinter den Meisterkonzerten in der St. Dionysius Kirche
Dezember 2024
Kelkheim (kez/ju) – In der Kirche St. Dionysius in Kelkheim-Münster erklingt regelmäßig die Digitale Orgel in ihrer ganzen Pracht, getragen von den Klängen der vielen verschiedenen Organisten aus der ganzen Welt, die Organist Stephan Paxmann nach Kelkheim lockt. Damit prägt er das kulturelle Leben der Gemeinde auf besondere Weise. Im Interview gibt er Einblicke in sein Leben, seine Inspiration und die Faszination, die die Königin der Instrumente für ihn bedeutet.
Schildern Sie bitte Ihren Lebenslauf.
Paxmann: Ich habe schon als kleiner Junge mit 7 Jahren angefangen Orgel zu spielen. Meine Eltern hatten für meine Schwester eine Orgel gekauft, allerdings saß ich öfter an dem Instrument und habe es quasi beschlagnahmt.
Später hatte ich dann Unterricht beim Kirchenmusiker meiner Heimatstadt, Kornelis Bosman und die ersten Orgelprüfungen in Hildesheim an der Michaeliskirche. Neben meinem Studium der Informatik und Mathematik in Fulda, Chelmsford und später in Edinburgh habe ich nebenbei immer Orgel gespielt und Gottesdienste oder Konzerte musiziert und auch als Sänger, als Solist und im Chor viele Werke aufgeführt. Daher hat mich die Musik und insbesondere die Orgel nie aus ihrem Bann gelassen.
Seit gut 15 Jahren spiele ich nun in St. Dionysius hier in Kelkheim-Münster an der Orgel, mal häufiger und manchmal wegen meines Jobs weniger. Aktuell bin ich als Innovationschef der LBBW in Stuttgart unterwegs.
Die größte Digitale Orgel in Deutschland. Wer kam auf die Idee und wie ist sie dann realisiert worden?
Paxmann: Vor gut 20 Jahren versagte die alte Pfeifenorgel in St. Dionysius ihren Dienst, eine Sanierung war zu kostspielig. Die Gemeinde schaffte daher eine zwei-manualige Digitalorgel an, die von da an für die Messen genutzt wurde und an der ich auch lange spielte. Da die Orgel aber immer eine wichtige Begleitrolle in der Messe spielt und während Corona die einzige Musik war, die in der Kirche erklang – singen dufte man ja nicht mehr – kam bei mir der Gedanke auf, ein größeres und musikalisch flexibleres Instrument zu bauen, um mehr Möglichkeiten zu schaffen. Somit erstellte ich ein erstes Konzept, recherchierte am Markt nach Möglichkeiten und kam dann auf die Orgel von Viscount, die zu dem Zeitpunkt die bestmöglichsten digitalen Musikqualitäten aufwies. Und da ich selbst gerne barocke, romantische und französische symphonische Orgelmusik spiele, wollte ich ein Instrument schaffen, das alle Stile möglich macht. Das war die Geburtsstunde der großen, vier-manualigen Orgel.
Die Orgel ist durch viele Spender dann ermöglicht worden. Ich habe dabei mit meiner Frau den ersten großen Baustein finanziert, um nicht nur als Ideengeber, sondern auch als finanzieller Initiator das Projekt glaubwürdig vertreten konnte. Und dankbar war ich auch, dass Alle aus der Pfarrgemeinde das Projekt wohlwollend und positiv unterstützt haben! Das war auch nicht selbstverständlich, hat es aber wesentlich einfacher in der Umsetzung gemacht.
Wer war der erste Interpret der Meisterkonzerte? Können Sie sich noch daran erinnern?
Paxmann: Am 4. Mai 2022 fand das allererste Meisterkonzert mit dem Domorganisten aus Wesel, Ansgar Schlei, statt. Es war ein toller Moment! Denn die Idee, Meisterkonzerte mit großartigen Organisten und internationalen Musikern hier in Kelkheim zu veranstalten, noch dazu auf einer digitalen und nicht Pfeifenorgel, war sicherlich ein sehr ambitioniertes Ziel. Nicht jeder war am Anfang davon überzeugt, dass es uns gelingen würde… Das erste Konzert war mit 80 Besuchern schon gut besucht und zeigte das Interesse. Mittlerweile haben wir im Durchschnitt 150 bis 200 Besucher pro Konzert. Es hat also irgendwie doch gut funktioniert.
Wie kommen die Kontakte zu den Meistern zustande? Ist es ein Netzwerk oder rufen Sie bei den Kirchenleitungen an?
Paxmann: Es ist eine Mischung aus beidem. Die ersten Konzerte waren quasi ein Cold-Calling, wie man im Vertrieb sagt. Eine Kaltakquise mit Überzeugungskraft. Daher war ich natürlich äußerst dankbar, dass nach dem ersten Konzert so großartige Musiker wie Prof. Christian Schmitt aus Rotterdam oder Daniel Beckmann vom Mainzer Dom ihre Teilnahme zusagten.
Später habe ich dann sowohl Organisten angesprochen, die ich aus meinem eigenen Netzwerk, manchmal auch über zwei Ecken, kannte. Aber ebenso habe ich auch einfach Musiker angeschrieben und über Facebook bzw. Teams in einer Videokonferenz von den Meisterkonzerten überzeugt, wie zum Beispiel Peter Holder von Westminster Abbey. Oder auf einer meiner privaten Reisen habe ich David Briggs in New York auf einen Kaffee eingeladen und aus den geplanten 30 Minuten wurden plötzlich 2 Stunden und eine fixe Konzertzusage.
Mittlerweile, und darüber bin ich ganz begeistert, schreiben phantastische Organisten uns an, auch aus dem Ausland, und fragen, ob sie denn auch einmal ein Meisterkonzert spielen dürfen. Das zeigt, dass wir wirklich eine außergewöhnliche Konzertreihe in Kelkheim geschaffen haben, die internationale Aufmerksamkeit erregt.
Welches Konzert war für Sie ein Highlight?
Paxmann: Natürlich waren alle Konzerte wunderbar für mich. Aber das Konzert mit Peter Holder von Westminster Abbey und 400 Besuchern in einer restlos voll besetzten Kirche war schon sensationell! Und auch das Konzert mit Olivier Penin, dem Titularorganisten von St. Clotilde in Paris war etwas ganz Besonderes. Denn er war der erste Organist aus Paris, der hier spielte und als Nachfolger des großen César Franck, quasi dem französischen „Johann Sebastian Bach“ der Orgelmusik, für mich persönlich ein echtes Erlebnis – sowohl im Konzert als auch drumherum.
Wann kommt die erste hybride Orgel in die St. Dionysius Kirche nach Münster?
Paxmann: Das ist tatsächlich die nächste Idee für die Orgel in St. Dionysius. Die alte Pfeifenorgel ist definitiv nicht mehr spielbar. Auch eine Wiederherstellung ist leider sehr teuer und nicht wirklich machbar. Aber mit neuster Digitaltechnologie können die Pfeifenregister wiederverwendet werden und über den digitalen Spieltisch angesteuert werden. Dabei sollen die Pfeifen in mobilen Klangboxen aufgebaut werden, die wir flexibel in der Kirche platzieren können, je nachdem, wo wir den Klang benötigen, also beispielsweise auch beim Orchester oder Chor in einem Konzert. Oder als Echowerk ganz hinten in der Kirche mit Trompetenklängen. Damit schaffen wir einen einzigartigen hybriden Raumklang mit digitalen Registern und analogen Pfeifen, den es so in Kirchen bisher fast nicht gibt.
Wer ist Ihr Lieblingskomponist?
Paxmann: Bach ist der Anfang und das Ende von allem. Aber ich liebe auch die Franzosen César Franck und Charles-Mare Widor aus Paris. Ihre Nachfolger haben übrigens bei uns in Kelkheim auch schon Meisterkonzerte gespielt.
Wohin reisen Sie am liebsten in Europa?
Paxmann: Zum einen in meine alte Zweit-Heimat London, wo ich fünf Jahre gelebt habe. Dort gehe ich dann gerne in den Evensong in Westminster Abbey oder die St. Pauls Kathedrale und hole mir Inspiration für neue Musik in Kelkheim. Und zum anderen natürlich nach Paris, wo es neben den großartigen Orgeln auch ein großartiges kulinarisches Lebensgefühlt gibt. Dieses Savoir Vivre bei einem Kaffee oder Glas Wein ist einfach wunderbar und entspannt ungemein beim Hineintauchen. Außerdem gibt es in Paris mit La Flute de Pan den besten Notenladen der Welt, wo ein Besuch Pflicht ist, um neue Orgelmusik zu entdecken.
Ihr Lieblingsgericht mit Ihrer Frau Florence?
Paxmann: Wenn ich mit meiner Frau zusammen unterwegs bin und Zeit verbringen kann, schmeckt jedes Gericht wunderbar!
Die Fragen stellte Thomas Zellhofer